Samstag, 23. August 2014

39. Der heilige Georg

                                                                                                                                
Tutzing, Oberbayern
Das war mein Schwager, später auch „Chorly“ genannt. Er war kein Heiliger, aber als Kind wollte er unbedingt einer werden und die Voraussetzungen dazu waren gar nicht schlecht.

Aufgewachsen in einer stockkatholischen Gegend bei Tutzing in Oberbayern, in einer streng katholischen Familie, die in bescheidenen Verhältnissen in einem kleinen, eigenen, sehr ordentlichen Häuschen wohnte, drehte sich in seiner Kindheit alles um ein frommes Leben. Der Vater arbeitete in der Kirche, wohl als Küster oder als Mann für all die aufwändige Kirchenarbeit der Gemeinde.

Zusammen mit dem heiligen Georg gab es 3 Brüder und drei Schwestern. Wenn es nach den frommen Eltern gegangen, und der heilige Georg wirklich auch ein „Heiliger“ geworden wäre, gäbe es nicht einen einzigen Nachfahren der ganzen religiösen Familie.


Der heilige Georg erzählte oft von seinem strengen und gottgläubigen Elternhaus. Die  allmorgendliche Messe um 6.30 Uhr, noch vor der Schule  bei jedem Wetter, er natürlich stets als Messdiener, war Pflicht und bei der Beichte war dem Kind, das ja ein Heiliger werden wollte, nicht ganz klar, wie das mit der Unkeuschheit im Katechismus gemeint war,  und eine Weile behalf er sich mit Handschuhen bei der  Notdurft.





Sister Maximus und Sister Louise
.Die drei Schwestern kamen, kaum dem Kindesalter entwachsen, gleich als Novizinnen  ins Kloster. Eine davon starb schon sehr früh: „Gott hat sie zu sich genommen“, hieß es und man trauerte nicht.

Seltsamerweise wurden die beiden anderen vom holländischen Mutterhaus zum Missionieren gleich in die weite Welt hinaus geschickt. Sie haben klaglos überall  bei den Ärmsten der Armen geholfen, gearbeitet  und nur Gutes getan.

Zuerst kamen sie nach Argentinien, aber ehe die drei Brüder, die ihnen nachfolgten, sie gesehen hatten, waren sie schon mit ihrem Orden weiter nach Mittelamerika gezogen und später in die Vereinigten Staaten. Von dort wurde ihnen ein einziger Urlaub in ihrem Leben gestattet, 1973, um ihren Bruder in Buenos Aires zu besuchen, und dabei habe ich sie auch kennengelernt. Sie starben beide hochbetagt und bis zum Ende geschäftig in einem Kloster in den Staaten.
                                                                                                                                        
Also waren die drei Brüder lange vor dem 2. Weltkrieg, den Schwestern nachfolgend, in Argentinien gelandet. Aber auch den jüngsten ereilte das Schicksal im fremden Land: „Gott nahm ihn zu sich“. Den zweiten nahm Gott auch zu sich, als Junggeselle, aber erst einige Zeit später.

Chorly
Der heilige Georg hatte Glück, er blieb am Leben, erlernte einen guten Beruf und arbeitete als Bauleiter bei der englischen Eisenbahn in den nördlichen Provinzen von Argentinien. Ihm ging es gut, er heiratete die Schwester meines Mannes und sie bekamen einen Sohn, genannt Teddy. Dieser sorgte dann allerdings für eine umfangreiche Nachkommenschaft, und das war der gerechte Ausgleich für die vielen kinderlosen Geschwister des heiligen Georgs.

1953, während meiner ersten Europareise, hatte ich den Auftrag vom heiligen Georg, in Tutzing auf der Bank 684 D-Mark für ihn abzuheben,  das Geld, was vom Verkauf des elterlichen Häuschens übriggeblieben war. 



Die frommen Eltern hatten bis zu ihrem frühen Tod keins ihrer Kinder jemals wieder gesehen. Ich konnte bei der Gelegenheit aber ihr Grab besuchen.

 Rosemarie Mueller-Wortmann       
                                     

 Zeichnung: Gerda Schwarz

1 Kommentar:

  1. Para quienes no saben leer el alemàn les recuerdo que aqui en la columna a la derecha tienen la posibilidad de hacer traducir la pagina en automatico con las herramientas de Google. No es muy perfecta la traducción, pero ayuda a comprender el texto!
    Buena lectura

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